Ein Versickerungsversuch, auch Versickerungstest genannt, ist ein geotechnisches Verfahren zur Bestimmung der Versickerungsfähigkeit des Bodens. Dieser Test wird durchgeführt, um zu ermitteln, wie schnell und effizient Wasser in den Boden eindringen und versickern kann. Die Ergebnisse des Versickerungsversuchs sind entscheidend für die Planung von Entwässerungssystemen, Regenwasserbewirtschaftung und anderen wasserbezogenen Bauvorhaben. Hier sind die wesentlichen Aspekte eines Versickerungsversuchs:

  1. Zweck und Bedeutung:
    • Bestimmung der Versickerungsrate: Ermittlung der Geschwindigkeit, mit der Wasser in den Boden eindringt und versickert.
    • Planungsgrundlage: Unterstützung bei der Planung und Dimensionierung von Versickerungsanlagen wie Rigolen, Mulden, Sickerschächten und anderen Entwässerungseinrichtungen.
    • Umweltschutz: Förderung der nachhaltigen Bewirtschaftung von Regenwasser und der Vermeidung von Oberflächenabfluss und Überlastung der Kanalisation.
  2. Arten von Versickerungsversuchen:
    • Feldversuch: Durchführung direkt vor Ort, um die tatsächlichen Bedingungen im Baugrund zu erfassen. Dies ist die häufigste und aussagekräftigste Methode.
    • Laborversuch: Durchführung im Labor an entnommenen Bodenproben, wenn eine Vor-Ort-Untersuchung nicht möglich ist.
  3. Durchführung eines Feldversuchs:
    • Standortwahl: Auswahl eines repräsentativen Bereichs des Baugrundstücks für den Test.
    • Vorbereitung: Ausheben eines Testlochs oder -grabens mit definierten Abmessungen.
    • Befüllung: Füllen des Testlochs mit Wasser und Messung des Wasserspiegels über die Zeit.
    • Messung: Beobachtung und Aufzeichnung der Absenkgeschwindigkeit des Wasserspiegels in definierten Zeitintervallen.
    • Auswertung: Berechnung der Versickerungsrate basierend auf den gemessenen Daten.
  4. Typische Versickerungstests:
    • Einfacher Sickertest (Simple Infiltration Test): Ein Loch wird ausgehoben und mit Wasser gefüllt, und die Absenkung des Wasserspiegels wird gemessen.
    • Doppelring-Infiltrometer-Test: Zwei konzentrische Ringe werden in den Boden eingebracht und mit Wasser gefüllt. Der äußere Ring minimiert den seitlichen Wasserabfluss, sodass die Versickerungsrate des inneren Rings gemessen werden kann.
  5. Auswertung und Interpretation:
    • Versickerungsrate: Die gemessene Rate, mit der das Wasser im Boden versickert, typischerweise in Millimetern pro Stunde (mm/h).
    • Bodenklassifikation: Einordnung des Bodens basierend auf seiner Durchlässigkeit (z.B. sandiger Boden, lehmiger Boden).
    • Planungsempfehlungen: Nutzung der Ergebnisse zur Planung und Dimensionierung von Versickerungsanlagen und zur Festlegung geeigneter Maßnahmen zur Bodenverbesserung, falls notwendig.
  6. Bedeutung der Ergebnisse:
    • Planung und Dimensionierung: Die Ergebnisse des Versickerungsversuchs helfen Ingenieuren und Planern, die Größe und Art der notwendigen Versickerungsanlagen festzulegen.
    • Risikoabschätzung: Identifikation von potenziellen Problemen wie mangelnder Versickerungsfähigkeit oder hohen Grundwasserständen, die zu Oberflächenabfluss und Überschwemmungen führen können.
    • Nachhaltige Wasserbewirtschaftung: Förderung der natürlichen Grundwasserneubildung und Reduzierung des Oberflächenabflusses.

Ein Versickerungsversuch ist somit ein wichtiges Instrument zur Bewertung der Versickerungsfähigkeit eines Bodens und zur Planung von Maßnahmen zur nachhaltigen Regenwasserbewirtschaftung und Entwässerung.